...dass ich so traurig bin

Kennen Sie das auch?

Ich bin mir fast jeden Tag meiner Privilegien als weißer Europäerin gewahr, bin dankbar dafür, seit Jahrzehnten in einem wohlhabenden Land und in Frieden zu leben, nichts entbehren zu müssen. Ich habe das große Glück, in meiner Lebensmitte alles um mich zu haben was ich als Mensch brauche, um gut leben zu können. Ich bin mir dessen bewusst, dass es mehr Menschen gibt, denen es nicht so gut geht wie mir als Menschen, denen es noch viel besser geht. Es geht mir gut.

Politik interessiert mich, Natur interessiert mich, Mensch und Tier interessieren mich.

Dass die Welt nicht nur Friede-Freude-Eierkuchen ist und es auch nicht sein kann, weiß ich ganz genau.

Wir schreiben nun das Jahr 2018.

Ich bin - wie so viele von uns - mittlerweile geübt darin, das Gute in möglichst Vielem zu sehen, dankbar zu sein, und würde Unrecht entgegentreten, wenn es mir begegnete. Auch und vor allem wenn es anderen wiederführe. Nur... das Unrecht zeigt sich selten und nicht so gern, es verkleidet sich auf tausenderlei Weise, schlängelt sich geschmeidig an mir vorbei und achtet offensichtlich peinlichst genau darauf, den Punkt nicht zu überschreiten, an dem es unübersehbar oder gar ganz konkret, ganz greifbar würde.

 

So geht es mir mit unserem derzeitigen Innenminister bzw. einem seiner Lieblingsthemen, der Abschottung Deutschlands und wenn möglich, gleich ganz Europas.

Horst Seehofer ist die perfekte Verkörperung der Einsicht, dass "der Mensch des Menschen "Wolf" ist ("lupus est homo homini, non homo, quom qualis sit non novit", Diktum des Titus Maccius Plautus, der ca. 254-184 vor Christus lebte).

 

Was bei Seehofer und Gleichgesinnten meiner Meinung nach so besonders schlimm ist: Selbst wenn dieser Wolf/Mensch erkennt, dass sein Gegenüber wenn auch anders, aber ebenfalls ein Mensch ist, so meuchelt er ihn doch. Beißt ihn weg. Und das im Grunde einfach nur, weil er es kann. Es ist eine Schande. Eine absolute Schande für uns alle, die wir in diesem Deutschland, die wir in diesem Europa, in dem so etwas toleriert wird, leben.

Ich bin einfach zutiefst erschüttert.

Ich dachte gestern, das mit Seehofers „Geschenk“ zum 69. sei ein schlimmer Scherz des von mir geschätzten Postillons gewesen. Manchmal hauen die auch daneben. Aber heute morgen hörte ich in der Presseschau des Deutschlandradios, dass unser derzeitiger Innenminister das wirklich gesagt hat. Und dass sich wirklich einer der 69 Deportierten umgebracht hat.

Beides zusammen hat eine niederschmetternde “Qualität“, es ist so widerlich, dass sich mir das Herz zusammenzieht und Tränen in die Augen drängen. Und ich bin wahrlich keine Heulsuse.

Was wird uns diese Bundesregierung denn noch in der „Flüchtlingsfrage“ zumuten, statt eine gute Umgehensweise damit zu finden?

STOP! HALT! DRINGEND!

Europa muss (!) dringendst (!) innehalten und zu einem zivilisierten Umgang mit wie auch immer begründeter Migration finden. Ich fühle mich an meine Kindheitslektüre (u.a. Judith Kerrs “Als Hitler das rosa Kaninchen stahl”) erinnert und meine kindliche Fassungslosigkeit darüber, was Menschen anderen Menschen anzutun bereit und in der Lage sind.

Das Verhalten Seehofers (und aller, die mit dieser Art konform gehen!) verletzt meine Menschlichkeit. Ich weiß nicht, wie ich das anders ausdrücken kann. Und ich fühle mich wie ein hilfloses Kind (im Bild in einer Familie = Gemeinschaft = als Europäerin), grausam im Stich gelassen von den Erwachsenen (der Regierung), die eigentlich den Auftrag haben, in meinem Namen Gutes, mir Zuträgliches zu tun. Auch wenn mich das vielleicht mit der Notwendigkeit von Verzicht konfrontiert, damit es möglichst vielen Menschen möglichst gut gehen kann.

Ich weiß gar nicht, wohin mit diesem Schmerz. Es hieß doch immer "Nie wieder (Faschismus)".