Hurra! Jägerprüfung geschafft!!
Seit dem 21.05.2014 darf ich mich Jungjägerin nennen!
"Das ist der Jäg'rin Ehrenschild,
dass sie beschützt und hegt ihr Wild,
weidfraulich jagt wie sich´s gehört,
das Heil'ge im Geschöpfe ehrt."
(Der Spruch bezieht sich im Original natürlich nicht auf Frauen. Da ich eine Frau bin, musste er für mich angepasst werden. Waidmannsheil!)
TIPP:
Auf der Website des Naturschutzbunds Deutschland e.V. werden Verknüpfungen zu Webcams aufgelistet, über die sich Natur beobachten lässt. Natürlich ist das Beobachten von Flora und Fauna "in echt" noch viel schöner, aber oftmals auch sehr viel störender, gerade für die beobachteten Tiere. Und so manches Biotop verträgt es nicht wirklich gut, wenn wir alle darauf herumstiefeln (und viel zu oft fahrlässig unseren Müll dort hinterlassen).
Da läuft mein Spanferkel
Über eine Webcam kann ich seit heute Wildschweine an einer beleuchteten Kirrung in Estland beobachten. Bei uns in Deutschland ist das verboten - hier dürfen Kirrplätze nicht beleuchtet werden, mit Einsatz von künstlichem Licht zu jagen ist nicht erlaubt.
Manchmal sind kleine dabei, wurde mir gesagt - Frischlinge, den Begriff kennt fast jede/r. Gerade ist dort eine Rotte ausgewachsener Schwarzkittel zugange. Schmatzend werden die dargebotenen Maishäufchen verputzt und ab und zu ruppig um eine Futterstelle gerangelt. Dabei könnte ich stundenlang zuschauen, als kurze Zerstreuung zur Kaffeepause ist es auch ganz nett. Mächtige Brocken auf vier Läufen (wobei die Beine beim Wildschwein Hammer genannt werden, aber so weit bin ich noch nicht - "mächtige Brocken auf vier Hämmern" klingt dann doch noch etwas seltsam in meinen Ohren) - denen möchte ich weder bei Tageslicht noch bei Nacht begegnen!
Wenn ich mit meinem Jagdschein fertig bin... tja, dann wird sich wohl auch irgendwann ein solches Tierchen am Spieß über einem Lagerfeuer auf der Wiese drehen. Aber kein so großes, das dauert bestimmt noch, bis ich so ein mächtiges Schwein erlegen kann.
Wenn ich erzähle, dass ich den Jungjägerkurs mache, werde ich meist auch gefragt, ob ich denn tatsächlich Tiere schießen möchte. Also, Enten und Gänse haben von mir nichts zu befürchten - ich esse sie, wenn es sein muss, aber ich würde sie nicht vom Himmel auf meinen Teller holen wollen.
Aber ich bin keine Vegetarierin, ich esse gerne Fleisch.
Ich ekele mich nicht davor, ein Tier auszunehmen - zu versorgen, wie es in der Jägersprache heißt. Egal womit ich mich einsaue, das kann alles ab- und ausgewaschen werden. Natürlich bin ich nicht wild darauf, in Eingeweiden zu wühlen - das riecht ja auch alles -, dennoch finde ich: Wer Fleisch isst, kann nicht wirklich gegen die Jagd sein.
Ich spreche hier nicht von Trophäenjagd, die sagt mir nichts. Und was an der Jagd "Sport" sein soll, entzieht sich ebenfalls komplett meinem Verständnis.
Anders verhält es sich meiner Meinung nach mit dem Erlegen eines Tieres für den eigenen Verzehr. Das hat für mich etwas Archaisches, Rechtschaffenes. Ich empfinde die Fleischjagd als verantwortungsvoller und der Natur bzw. dem jeweiligen Geschöpf gegenüber sehr viel zugewandter als der ausschließliche Gang zum Metzger. Wer sich im Supermarkt mit tierischen Produkten eindeckt, sollte wissen, was wo her kommt und wie es gelebt hat, bevor es in die Kühltheke kam. Die wenigsten, die beim Abschuss von "Bambi" jaulen, interessieren sich dafür, wie ihr Suppenhuhn gelebt hat, bevor es in den Topf kam (im Übrigen gibt es in Deutschland keine Bambis. Jedenfalls nicht in freier Wildbahn. Das Bambi, das wir aus dem Disney-Zeichentrickfilm kennen, ist kein Rehkitz - wie im zugrundeliegenden Buch -, sondern ein Weißwedelhirschkalb).
Zudem sollte niemand unterschätzen, was es bedeutet, einem anderen Wesen das Leben zu nehmen. Es ist zwar für einen guten Zweck - meinen Genuss -, trotzdem ist am Ende eine/r von uns beiden tot, und die Wahrscheinlichkeit ist sehr hoch, dass die Kugel nicht in mir steckt. Ohne Zweifel gebührt dem erlegten Tier also Achtung und Respekt, eine gewisse Ehrfurcht und Dankbarkeit.
Eintauchen in die Natur
Ende 2012 erfuhr ich durch Zufall von der Existenz des "Ökologischen Jagd-, Fischerei- und Naturschutzverbands e.V." in Hamburg. Schon von Kindesbeinen an war ich gerne draußen, bin in Flur, Feld, Kiesgrube und Wald herumgestromert, habe "Terrarien" gebaut, zu Hause Feldmäuse in einem großen Karton und Kaulquappen in einer riesigen Gurkenkonservendose gehalten... und bewundere nachträglich die Geduld und Nachsicht meiner Mutter, die die Mäuse erst hinauswarf, als sie sich durch den Karton gefressen und über die gesamte Wochnung verteilt hatten (bei den Kaulquappen habe ich das irgendwann von alleine eingesehen, es roch dann doch etwas zu streng im Kinderzimmer!).
Mit dem Lauf der Zeit hatte ich dieses Interesse an Flora und Fauna etwas aus den Augen verloren, war völlig im Berufsalltag gefangen. Mir fehlte ein Anhaltspunkt, um meiner unbestimmten Sehnsucht nach Ruhe nachzugehen, weniger Zeit im Büro und mehr Zeit im Wald zu verbringen, und da kam mir der ÖJFN gerade recht.
Im April 2013 begann ich dort meine Ausbildung zur Jungjägerin und absolvierte den Lehrgang zur Vorbereitung auf die Jägerprüfung vor dem Landesjagdverband. Auch wenn die Schieß- und die schriftliche Prüfung gemeistert sind... ich glaube nicht, dass ich jetzt schon die Art Jägerin bin, die ich werden möchte. Vor dem Ablegen der mündlichen Prüfung möchte ich noch sehr viel intensiver in die Materie eintauchen, daher habe ich mich zum Mai bei der Jagdschule "Der Jagdprofi" zu einem zweiwöchigen Intensivkursus angemeldet. Dort - Mecklenburg-Vorpommern - werden meine Hamburger Prüfungsteile zwar nicht anerkannt, aber das stört mich nicht. Mache ich die Prüfungen halt nochmal, schadet ja nix. Immerhin werde ich später einem anderen Lebewesen eben jenes Leben nehmen. Für mich ist das ein quasi heiliger Akt, und ich möchte mich dem würdig erweisen. Derweil träume ich ein bisschen von meinem ersten Frischlings-Spanferkel (aber wie gesagt, das dauert aber noch bis ich so weit bin, tatsächlich eins zu erlegen!).
Ich weiß natürlich, dass die Bandbreite der Meinungen zur Jagd von extrem positiv bis extrem negativ alles mögliche umfasst, und dass es Menschen gibt, die kein Verständnis dafür aufbringen möchten. Das ist ok. Ich mag auch vieles von dem nicht, was andere tun und freue mich darüber in einer Gesellschaft zu leben, in der mich niemand zu etwas zwingen kann, das mir zuwider ist.
Neben dem Themenfeld Jagd gibt es selbstverständlich auch noch eine Menge anderer Dinge, für die ich mich begeistern kann. Die Jägerei ist nur gerade jetzt das, womit ich mich am intensivsten beschäftige.
Nun geht das Lernen erst richtig los...
Prüfungsnachlese
Die Jägerprüfung fängt immer mit dem Schießen an, das ist sozusagen das Knock-out-Kriterium für den Rest der Prüfung. Wenn ich das hier versemmel', dann kann ich gleich wieder nach Hause fahren!
Auf den Bock angestrichen (natürlich kein echtes Tier! Schießscheibe, 100m weg) - alle fünf Schuss sitzen prima, das ist schon mal geschafft.
Auch beim laufenden Keiler - alle fünf Schuss wunderbar angebracht, habe sogar das beste Ergebnis von allen Prüflingen.
Doch dann... ohmeingottohmeingott... der erste Durchlauf auf den Kipphasen... 10 Schuss, mit fünfen muss ich treffen... wieso klappt das jetzt nicht so wie beim Training... whaaaa! Peng! Wieder nix. Nur vier Treffer. Muss in die zweite Runde.
HYPERVENTILIER...!
Der ganze Kurs zittert mit. Alles gestande Männer kurz vorm Herzinfarkt.
Zweiter Durchlauf. Und endlich! Der vorletzte Schuss rettet mich! Fünf Treffer, Hase hinüber, diese Prüfung ist bestanden!
Das war aber erst die Schießprüfung.
Jetzt kommen noch die schriftliche und die mündliche.
Wir haben drei Stunden Zeit für die schriftliche Prüfung - pffff, denke ich, noch ganz beflügelt vom Schießerfolg, wer braucht denn so lange?! Fünf Sachgebiete. Zehn Multiple-Choice-Fragen, der Rest alles offene. Da nützt kein Raten, kein Labern, kein Larifari: Gewusst oder nicht gewusst, hier kommt es ans Licht!
Aber keine Panik: Wir sind bestens vorbereitet, ist doch ein Klacks.
Von wegen. Kurz vor Schluss gebe ich erst ab. Die Zeit habe ich doch tatsächlich gebraucht!
Und nun die mündliche, vor der mir am meisten graut. Die Prüfer alles ältere Herren, erfahrene Jäger, durchaus freundlich und nett, aber täuscht euch nicht: Streng! Nun ja, ich wollte es ja nicht anders. Mein Mann sagt: Meine kleine Prüfungsmasochistin. Auch wenn er, glaube ich, mittlerweile verstanden hat, warum ich die vergleichsweise härtere mecklenburg-vorpommersche Prüfung der hamburgischen vorgezogen habe. Schließlich werde ich, wenn ich bestehe, Jungjägerin sein. Die Lizenz zur Praxis bekommen - und die bedeutet nicht nur Hege, sondern in Zukunft auch, einem anderen Lebewesen das Leben zu nehmen. Diese Verantwortung will ich mir redlich verdienen, sozusagen.
Am Ende bin ich durchgeschwitzt, beschämt - ausgerechnet im wichtigsten Fach habe ich mich angestellt wie der letzte Schlumpf, dabei wollte ich hier doch glänzen! Gefühlte Katastrophe. Ich fühle
mich SEHR geprüft! Selbst der Kaffeedurst ist mir vergangen, und das will etwas heißen.
Warten wir also das Ergebnis ab.
Ich könnte glatt wieder anfangen zu rauchen.
Mache es aber dann doch lieber nicht.
GESCHAFFT!
Hurra!!
Ist das schön, stolz auf das Geleistete sein zu können! Jetzt habe ich eine gute Basis um weiter zu lernen und in das Jägerinnen-Leben hineinzuwachsen. Fühlt sich schon so ein bisschen an wie ein Ritterschlag... Freue mich!
Und natürlich freue ich mich auch riesig für jeden einzelnen Kurskollegen - Andreas, Benjamin, Ludwig und Mirko. Wir haben zusammen gelernt, zusammen gefiebert und werden heute abend zusammen feiern! Wunderbar.
Mein herzlicher Dank gilt den Jagdprofis Josef und Tina für die lehrreichen Tage in ihrer Jagdschule im traumhaften Mecklenburg-Vorpommern.